Das Stiftungskapital der Ephraim Veitel Stiftung belief sich laut dem Testament des Stifters, Ephraim Veitel Ephraim vom Februar 1799 auf die ungewöhnliche Summe von Rthlr. 33333:8 g »sage drey und dreißig Tausent drey Hundert drey und dreissig Reichsthaler acht Groschen«.
In den restlichen Anordnungen der Stiftungsurkunde operiert der Stifter stets mit runden Summen und so hatte er als Kapital der Stiftung ursprünglich auch den Betrag von 25.000 Reichsthalern angesetzt. Doch im Anhang der Stiftungsurkunde folgt sodann die überraschende Anordnung: »Mit der nehmlichen Verbindlichkeit und Verpflichtung, womit ich die in meinem ob und vorstehendem Testamente bemerkte Schuld von Rthlr 25000 … auf mir, meine Erben und Stellvertreter genommen, eben so habe ich annoch von heute und jetzo an auf mir, meine Erben und Stellvertreter genommen zu zahlen eine Stunde vor meinem Tode … die Summa von Rthlr 8333 : 8 g sage acht Tausend dreyhundert drey unddreyssig Reichsthaler acht Groschen Pr Cnt de anno 1764, zum Behuf der in meinem gedachten Testament bestimmten milden Stiftung.«
Warum will der Stifter eine Stunde vor seinem Tode diese eigenartige Summe zum Stiftungskapital hinzufügen lassen? Die Antwort gibt Ephraim Veitel schon im Anfang seines Testaments. Die Stiftung soll demnach »zum Nutzen seiner Seele« dienen, sie soll ihm als »gutes Werk, einst vorschreiten und den Weg zur Seeligkeit bahnen«. Entsprechend ordnete er an, dass an seinem Sterbetag während des Begräbnisses 300 Reichsthaler als Almosen an Arme verteilt werden sollten – gemäß dem talmudischen Motto »Almosen retten vor dem Tode«. Außerdem ordnete er an, dass 10 jüdische Gelehrte von seinem Abscheiden bis zu seiner Bestattung zu seinen Gunsten Mischna studieren sollten, wofür jeder mit 10 Reichsthalern entlohnt werde. – Alles also Maßnahmen, welche den Übergang des Stifters vom Leben zum Tode und ihn vor der im Grabe folgenden Grabesstrafe behüten sollten.
Die Erhöhung des Stiftungskapitals um 8333 Thaler und 8 Groschen gerade eine Stunde vor dem Tod des Stifters musste also demselben Ziele dienen. Aber weshalb ein so merkwürdiger Betrag? Die Lösung wird kein Finanzfachmann geben können, sondern nur ein »Kabbalist«. Betrachtet man diese Zahlen nach den Regeln der Gematria, also der Zahlen-Buchstabenspekulation, so löst sich das Rätsel alsbald auf: Die Ziffern 8333 ergeben zusammengezählt den Zahlwert 17. Nimmt man noch die 8 der Groschen hinzu kommt man auf 25. Schließlich darf man die Gesamtsumme, die wie ein Wort betrachtet werden kann, mit dem Wert eins zählen. Das ergibt zusammen 26. Und der Zahlwert 26 entspricht nach der Gematria nichts weniger als dem heiligsten Gottesnamen JHWH – יהוה. Der Stifter will also in der Stunde der höchsten Not das wirkmächtigste Remedium, den Gottesnamen – verkörpert durch die Zahlen der zusätzlichen Geldspende – hinzufügen, so wie man unter Juden Geldgeschenke mit der Zahl 18 gibt, welche nach der Gematria Ḥaj, »er soll leben« bedeutet. Auch die schließliche Endsumme ergibt eine weitere Unterstützung: Sie hat folgenden Zahlwert: 33333 ergibt nach der Gematria 15 und das ist die Kurzform des genannten Gottesnamens JaH- יה. Nimmt man noch die 8 g (g steht für den hebräischen Buchstaben Gimmel = 3) hinzu, so sind dies 11 und man kommt wieder auf die wunderbare 26.
Unser Stifter, der Weltmann, Industrielle, Münzentrepreneur und Kämpfer für die jüdischen Rechte im preußischen Staat und Finanzpolitiker, vertraute offenbar im Angesicht des Todes doch lieber auf die Sicherheiten der jüdischen Tradition.
K. E. Grözinger – Januar 2020
Abb. Vorschaubild:
Friedrich II (Münzherr)
Friedrichsd’or, sogen. Kriegsprägung unter Veitel Ephraim, Königreich Preußen (Avers)
Berlin, 1767, Gold mit Kupferkern, D: 24 mm; 6 g
Inv.-Nr.: IV 92/03 o, Bildnr.: IV 92/03 o_1
© Stiftung Stadtmuseum Berlin, Reproduktion: Michael Setzpfandt, Berlin