Soirée mit Vortrag, Lesung, Musik und GesprächAm 11. März 2020 um 19 UhrMärkisches Museum Berlin, HoffmannsaalAm Köllnischen Park 5, 10179 BerlinEintritt frei
Der Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht während des 18. Jahrhunderts wäre ohne »Hofjuden« nicht möglich gewesen. Drei Familien vor allem – Gomperz, Ephraim und Itzig – stehen für das ökonomische Überleben Preußens in und nach den desaströsen Kriegen der friderizianischen Ära.
Nolens volens stiegen dabei Veitel Ephraim und Daniel Itzig zu den reichsten Unternehmern in Preußen auf. Ihre repräsentativen Familiensitze, das Ephraim-Palais (fertig gestellt 1766) und das Palais Itzig (abgerissen 1857), zeugten im Zentrum Berlins von dieser außerordentlichen wirtschaftlichen wie sozialen Karriere einzelner Vertreter der jüdischen Minderheit.
Der Abend mit einem Vortrag von Prof. Dr. Thomas Brechenmacher, Professor für neuere Geschichte (deutsch-jüdische Geschichte), Universität Potsdam, stellt die Frage nach den Gründen und Bedingungen dieser Erfolgsgeschichte und versucht, die Gratwanderung herauszuarbeiten, die jene Unternehmer zu meistern hatten. Denn ihre Existenz hing allein vom Wohlwollen des Landesherrn ab; er definierte den jeweiligen Rechtsstatus und damit die Lebensmöglichkeiten der jüdischen Familien, verbunden mit teils herber Ausbeutung. Andererseits konnten sie den ökonomischen Erfolg dank ihrer Stiftungen in Wohltätigkeit aber auch in Emanzipationsgewinne umsetzen: 1791 verlieh Friedrich Wilhelm II. Daniel Itzig als erstem Juden in Preußen das volle Bürgerrecht, Ephraim Veitel reichte 1785 beim Hof eine Denkschrift »Über die Lage der Juden in Preußen« ein.
Vortrag: Prof. Dr. Thomas Brechenmacher, Professor für neuere Geschichte (deutsch-jüdische Geschichte), Universität Potsdam
Lesungen: Lucas Wiedemann – Texte aus Literatur und Dokumenten
Musik: Die Sopranistin Andrea Chudak wird, begleitet vom Berliner Dom-Organisten Jakub Sawicki geistliche Lieder des Berliner jüdischen Komponisten Giacomo Meyerbeer (1791-1864) vortragen.
VortragThomas BrechenmacherGomperz, Ephraim, Itzig – Erfolg und Bedrückung der „Hofjuden“ Friedrichs II.
I. Juden und Hofjuden in Brandenburg-Preußen
Die neuere deutsch-jüdische Geschichte beginnt für die Mark Brandenburg mit einer Migration: Kurfürst Friedrich Wilhelm, nachmals genannt „der Große“, nahm 1671 fünfzig aus Wien vertriebene jüdische Familien auf und erlaubte ihnen, sich in der Mark Brandenburg zunächst für 20 Jahre anzusiedeln. Dieser vermeintliche Akt der „Toleranz“ erfolgte nicht ohne Hintergedanken: die jüdische Einwanderung sollte zum wirtschaftlichen Aufstieg des durch den Dreißigjährigen Krieg demographisch wie ökonomisch ausgebluteten Kurfürstentums beitragen. Das Einwanderungsprivileg war verbunden mit klaren Forderungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Aktivität der Aufgenommenen: Eigenkapital mußte vorhanden sein, schon um die jährlich fälligen Schutzgelder und Steuern zu entrichten; desgleichen war daran gedacht, die jüdischen Familien ausgedehnte internationale Handelsnetzwerke knüpfen zu lassen, um die Mark Brandenburg und Berlin etwa mit den großen Zentren Hamburg und Amsterdam zu verbinden.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation von Ephraim Veitel Stiftung, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und Verein der Freunde und Förderer des Stadtmuseums Berlin e.V.