Der Hannoversche Baudirektor Ulf Korn (3.9.1932 - 9.6.2023) ist ein Nachkomme aus der Linie des zweiten Sohnes von Veitel Heine Ephraim (1703-1775), Josef Veitel Ephraim (1731-1786) und Historiker dieses Familienzweiges, der seine Gattin, Frau Gisela Korn, gebeten hat, der Ephraim Veitel Stiftung fünf Erbstücke aus dieser Familie zu übereignen. Es sind fünf sehr persönliche Erinnerungsgegenstände, die den stolzen Beginn dieser jüdischen Familie bezeugen wie auch den zunächst glänzend verlaufenen Versuch der Integration in die christliche Mehrheitsgesellschaft, der dann, selbst nach der Taufe, tragisch scheiterte.

1. Barocke Modellkommode mit den Initialen des Auftraggebers und Patriarchen Veitel [Heine] Ephraim
1. Barocke Modellkommode mit den Initialen des Auftraggebers und Patriarchen Veitel [Heine] Ephraim
Den glänzenden Höhepunkt bezeugt die kleine barocke Modellkommode [Abbildung 1, Vorschaubild] mit den Initialen des Gründers der Dynastie, Veitel Ephraim, die dieser in seinem Testament als den bleibenden Familiennamen seines Fideikommisses, das heißt seiner Familienstiftung, bestimmt hatte. Dieses kleine Möbelstück, so will es auch die Familientradition, stammt noch tatsächlich aus den Händen von Veitel (Heine) Ephraim selbst. Dies bestätigt wohl auch der Verlauf der gleichfalls gebrochenen Stiftungs-Geschichte, in der schon die Enkelgeneration – unterstützt durch die preußischen Behörden – den festgesetzten Familiennamen verlassen hatte.

Schmucktasse mit der Darstellung des Familienlandsitzes in Arnsdorf, Riesengebirge, und des promenierenden Hermann Eberty
Schmucktasse mit Familienlandsitz in Arnsdorf, Riesengebirge

Eine kleine Schmucktasse trägt das Abbild des von Heimann Joseph Ephraim (1784-1856), Sohn von Josef Veitel Ephraim, im schlesischen Arnsdorf begründeten Landsitzes – und ihn selbst als kleine Gestalt auf dem Gartenweg –, welches bis 1945 geographisches Zentrum und Mittelpunkt der sich verzweigenden Nachkommenschaft dieser Ephraimschen Linie blieb.

Die Schlüssel dieses Hauses sind ein weiteres Symbol dieses als Refugium gestalteten Landsitzes, der nach Scheitern der Integration den überkommenen Lebensstil mit der neuen kulturellen Bestrebung zu verbinden suchte. Heimann nahm 1810 den Namen Hermann Eberty an, seine Taufe folgte nach langer Unentschlossenheit erst nach 1840. Beides war die Folge der zunächst glücklich verlaufenen Integration von Heimann Joseph Ephraim in den deutsch-französisch-jüdischen unter August Wilhelm Schlegels Einfluss stehenden, literarischen Polar- oder Nordsternbund, zu dem unter anderen Adalbert von Chamisso, Karl August Varnhagen, Karl von Raumer, Georg Reimer und der Bruder

Schlüssel des Gutshauses in Arnsdorf
Schlüssel des Gutshauses in Arnsdorf

von Rahel Varnhagen, Ludwig Robert/Levin gehörten. Musikalisch und literarisch hochbegabt und an Naturwissenschaften interessiert, wollte Heimann gar Medizin studieren. Es war die illusionäre Zeit der Berliner Salons, als man eine organische Verflechtung der jüdischen mit der christlichen Kultur erhoffte. Nach deren Scheitern errichtete Heimann den schlesischen Zufluchtsort, dessen Erbe sein Sohn, Prof. Dr. Felix Eberty (1912-1884), wurde. Wie Abraham Mendelssohn seinem Sohn Felix den Beinamen Bartholdy und die Taufe als vermeintlichen Türöffner in die christliche Gesellschaft mitgab, so ließ auch Heimann Ephraim/Eberty seinen Sohn im Alter von 14 Jahren taufen.

Felix Eberty, dessen Eltern ihm die beste »deutsche« Erziehung ermöglicht haben, künstlerisch wie literarisch begabt, studierte gemäß der elterlichen Planung Jura. Nach dem Studium war er im preußischen Justizwesen als Richter in Berlin, Hirschberg (Schlesien) und Breslau tätig.

Porträt von Felix Eberty aus der Hand von Friedrich Randel (1808-1886)
Porträt von Felix Eberty aus der Hand von Friedrich Randel (1808-1886)

Er schied aber nach dem restriktiven Erlass des Gesetzes über die Verhältnisse der Juden im preußischen Staate von 1847 aus dem Staatdienst aus. 1850 habilitierte er sich an der Universität Breslau und wurde dort Professor für Kriminal- und Naturrecht, die er aber wohl wegen des besagten Gesetzes eher nur als Titularprofessur durch gelegentliche Vorträge wahrnehmen durfte. Als vielseitig interessierter Privatgelehrter publizierte er zahlreiche Bücher u.a. Bibliographien von Walter Scott und Lord Byron, eine siebenbändige Geschichte des preußischen Staats und auch

die in der 9. Ephraim Veitel Soirée vorgestellte Arbeit über die Vorstellungen von Raum und Zeit angesichts des gestirnten Kosmos. Felix Eberty ist der Mann auf dem wunderbaren Gemälde von 1838 aus der Hand des bekannten Porträtmalers Friedrich Randel (1808-1886). Ihm gehörte auch das Sektglas mit der Initiale E. Mehr Details zu allen Genannten findet man auf dem anliegenden Essay.

 Sektglas von Felix Eberty mit der eingravierten Initiale E
Sektglas von Felix Eberty mit der eingravierten Initiale E

 

 

 

 

 

 

Der Weg der Erbstücke in der Genealogie

Veitel Heine Ephraim (1703-1775) Hofjuwelier, Bankier
Joseph Veitel Ephraim (1730-1786) Hofjuwelier, Bankier
Heimann Joseph Ephraim ab 1810 Hermann Eberty (1784 – 1856), getauft nach 1840, Kaufmann, Bankier
Felix Eberty, Prof. Dr. jur. (1812-1884), getauft 1826
Margarethe Eberty (1842-1902) ꝏ Johann Otto Stobbe, Prof. Dr. jur.
Elisabeth Stobbe (1868-1932) ꝏ Rudolf Korn, Jurist
Friedrich Korn (1903-1956) Antiquar
Ulf Korn (1932-2023), Architekt, Stadtbaudirektor


Gesamten Essay lesen (PDF)